Kategorie :
Bildung + Forschung + Lehre
Projekt :
Neubau der Nationalbibliothek in Luxemburg / Kirchberg
Auftraggeber :
Ministère du Développement Durable et des Infrastructures, Bâtiments Publics
Land :
Luxemburg
Fläche :
bgf 38.200 m²
Realisierung :
03/2014 - 08/2018
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projekt Neubau der Nationalbibliothek in Luxemburg / Kirchberg auftraggeber Ministerium für Nachhaltige Entwicklung und Infrastrukturen (L), Bâtiments Publics (L) architektur / freiraumplanung Bolles&Wilson, Berlin/Münster (D) architektur: ausführungsplanung / ausschreibung / bauleitung WW+, Esch-sur-Alzette/Trier (L/D) tragwerksplanung Schroeder & Associés, Luxemburg (L) planung TGA Felgen & Associés, Luxemburg (L) energiekonzept / beratung lichtarchitektur EBP Schweiz AG (CH) techn. kontrollbüro Socotec, Livange (L) staatl. kontrollbüro Luxcontrol, Esch-sur-Alzette (L) SiGeKo Argest, Luxemburg (L) bgf 38.200 m² ngf 35.300 m² nf 24.000 m² bri 171.600 m³ gesamtareal 1,6 ha bauwerkskosten netto (installation + arch. + techn.) 63.700.000 € gesamtkosten brutto 112.171.000 € realisierung 03/2014 - 08/2018
Quellen: Texte & Lageplan MDDI, fotos Christian Richters
Die luxemburgische Nationalbibliothek (BnL) ist die größte wissenschaftliche Bibliothek in Luxemburg und beherbergt über 1,5 Millionen gedruckte Dokumente sowie eine wachsende Anzahl an digitalen Publikationen. In ihrer Funktion als Kulturgut bewahrende Bibliothek, ist ein maßgeblicher Teil der Landesgeschichte in ihr zu finden. Über das System zur Hinterlegung (‚dépôt légal‘) wird jede luxemburgische Publikation in der BnL gesammelt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Implementierung und städtebauliche Planung
Das bereitgestellte Areal für den Neubau der Nationalbibliothek befindet sich im ‚Bricherhaff‘, einem Gebiet auf dem Kirchberg von Luxemburg-Stadt, gelegen am Kreuzungspunkt der ‚Avenue J.F. Kennedy‘ und dem ‚Boulevard Konrad Adenauer‘. Der städtebauliche und architektonische Ausdruck der BnL zielt auf eine architektonische Abhebung von der einheitlichen Bebauung dieses Blocks ab unter Hervorhebung des Eingangsgebäudes durch Besonderheit in Form, Fassade und Dach. Die Gebäudeflanken laufen an der Kreuzung beider Straßen zusammen zu einem Volumen, welches sich zehn Meter über die Bebauungshöhe der angrenzenden Gebäude erhebt und damit, von weitem sichtbar, als Identifikations-stiftende architektonische Landmarke wirkt.
Architektur
Das neue Bibliotheksgebäude entwickelt sich linear, beginnend von der Eingangsfassade, welche sich repräsentativ und transparent zur ‚Avenue J.F. Kennedy‘ hin orientiert. Das Gebäudevolumen strukturiert sich in drei räumliche Bereiche:
• der Eingangsbereich mit zweigeschossiger Empfangshalle und angrenzender Etage der Konferenzräume. Die Empfangshalle erweitert sich bis über die Beratungszonen;
• der mittlere Bereich mit Beratungszonen, welche sich durch Glasfassaden zum Außenraum in Richtung des nördlich angrenzenden Landschaftsstreifens orientieren;
• der ‚Magasin – Acropolis‘-Bereich am nord-westlichen Gebäudeende, in welchem über fünf Etagen geschichtliche Sammlungen und Dokumente der Nationalbibliothek gelagert sind. Darüber, in der dritten Etage, befindet sich der Hauptlesesaal, welcher sich großzügig hin zu den Baumwipfeln des Grunewald Parks öffnet.
Die Gestaltung der Bibliotheksfassaden basiert auf einem klaren und differenzierenden Konzept, in welchem Farben und Materialität die Architektur unterstreichen, geplant nach energetisch nachhaltigen und einfachen Nutzungsaspekten. Die monolithische Struktur des Bibliotheksgebäudes ist in der äußeren Fassade geprägt durch großformatige, rot eigefärbte Sichtbetonelemente. Die Öffnungen, punktuell oder in Form von Bändern sind eingefasst in massive widerstandsfähige Elemente aus glattem weißem Sichtbeton. Die Eingangsfassade ist, wie auch die des Cafés, zurückversetzt und als verglaste zweischalige Vorhangfassade mit Windfang konzipiert. Die schräge Auskragung des Daches, ebenso aus Betonelementen, formt ein großdimensioniertes Vordach. Der Natursteinbelag der Außenanlagen im Eingangsbereich geht fließend über in den Innenbereich des Bibliothek-Foyers.
Eine moderne, funktionale, attraktive und nachhaltige Infrastruktur
Sichere und klimatisierte Lager bieten entsprechende Aufbewahrungsbedingungen für die Sammlungen des Kulturgutes, wie Bücher und Zeitschriften, mittelalterliche Manuskripte, Karten und Pläne, Briefmarken, Poster, Partituren, Kunstbücher oder Postkarten. Die neuen Lesesäle erlauben es über 300.000 Exemplare aus den Lagern zu nehmen und den Lesern zugänglich zu machen. Der Lesebereich bietet ausreichend Arbeitsplätze. Besucher können ebenso die Entspannungssitze nutzen und die Bibliothek gleichzeitig als Ort zum Studieren, Reflektieren, Entspannen und zur Ablenkung nutzen. Ein automatisches Bücher-Transportsystem mit Sortierungsmechanismus erlaubt es den Lesern geliehene Exemplare 24 Stunden am Tag zurückzugeben und unterstützt die Arbeit der Bibliothekare. Ein Ausstellungsraum in internationalem Standard, erlaubt es die Schätze der Nationalbibliothek auszustellen. Besprechungs- und Unterrichtsräume mit entsprechender Ausstattung werden bereitgestellt, um mit Schülern und Studenten Bildungsprojekte der BNL durchzuführen und nationale Aufgaben zu koordinieren. Durch die Mischung der Sammlungen, Aktivitäten zur Wertschätzung des Erbes, Räumlichkeiten für Konferenzen und Seminare wie auch eine kleine Cafeteria, alles was bisher fehlte, wird die Nationalbibliothek zu einem Treffpunkt und Ort zum Austauschen und Debattieren. Das neue Gebäude der BnL wird ebenso den ‚Bicherbus‘ Service beherbergen, welcher derzeit in Diekirch untergebracht ist. Des Weiteren werden sechs Bereiche mit zugehöriger Bibliothek eingerichtet für das großherzogliche Institut und die Gesellschaft für luxemburgische Frühgeschichte (Société préhistorique luxembourgeoise).
Technik- und Energiekonzept
Das Gebäude wird zum einen bestimmt durch den Einsatz von Grundprinzipien, welche ebenso in anderen öffentlichen Gebäuden angewendet werden, zum Beispiel:
• sehr gute Wärmedämmung und Winddichtigkeit der Gebäude-Außenhülle
• Sonnenschutz, um die sommerlichen Energiezufuhr zu minimieren
• thermische Trägheit, um die solaren Gewinne und die innere Gebäudeenergie im Winter zu speichern und die Temperaturspitzen im Sommer zu reduzieren.
Zum anderen wurde ein spezielles innovatives System entwickelt, wobei Baukonstruktion, Fassade und Haustechnik aufeinander abgestimmt wurden, um größtmögliche Behaglichkeit für die Nutzer zu gewährleisten und durch energetisch effiziente technische Ausstattung den Stromverbrauch und die Aufheizung minimal zu halten. Das Grundprinzip besteht daraus, dem Nutzer zahlreiche Möglichkeiten zu bieten, die klimatischen Raumbedingungen zu beeinflussen, ohne Wärme zu verlieren durch möglichst natürlicher Belüftung und Kühlung. Die Kombination aus kontrollierter und natürlicher Belüftung führt zu höchster Behaglichkeit und einem geringen Energieverbrauch. Das motorisierte und automatische nächtliche Kühlsystem der Lesebereiche nutzt auf natürlichem Wege erneuerbare Energie aus der Luft. Die hohe Nutzung von natürlichem Licht repräsentiert eine maßgebliche Qualität des Gebäudes und bietet zum einen eine angenehme Atmosphäre und reduziert gleichzeitig den Energieverbrauch. Künstliches Licht wird lediglich als Unterstützung zur natürlichen Belichtung eingesetzt. Eine Gebäudehülle in hohem Qualitätsstandard, zusammen mit den guten thermalen Eigenschaften der Konstruktion, ist das Grundprinzip des Energiekonzeptes. Ein geringer Energieeinsatz wird erreicht durch kurze Heiz- und Kühlperioden und lange Übergangszeiten ohne zusätzliche Energieversorgung. Dank konsequent reduzierter thermischer Aufheizung und deren bedachter Ausnutzung sind die Energiegewinne in den Arbeitssälen auf ein Minimum reduziert, was sich nicht nur positiv auf die Raumbehaglichkeit sondern auch auf den Energieverbrauch auswirkt. Zusätzlich zur Energieeffizienz ist die Nutzung von erneuerbarer Energie ein grundlegendes Gebäudeprinzip. Das Konzept sieht vor, dass die benötigte Energie hauptsächlich durch die aktiven und passiven Wärmeressourcen der Umgebung gedeckt wird und dass die Wärmeenergieverluste der Technikinstallationen wieder für die Sever und die mechanische Belüftung eingesetzt werden. Restliche benötigte Energie wird über Fernwärme zugeführt. Die sorgfältig gewählten technischen Lösungen basieren auf einer konsequenten Reduktion von Energieverbrauch und somit auch von CO2 Emissionen. Das Projekt zeichnet sich aus, durch ein innovatives Konzept bezüglich dem Gebrauch erneuerbarer Energie in Kombination mit einem hochentwickelten Energiekonzept, basierend auf der optimalen Nutzung vorhandener Energie und deren Einsatz für das Gebäude. Hinzu kommt eine hohe wirtschaftliche Effizienz bezüglich der Investitionskosten im Verhältnis zum reduzierten Energieverbrauch
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